Gebrauchtboot-Test: Sirius 31 – des Designers letzter Traum (2024)

Die Kontaktaufnahme findet von co*ckpit zu co*ckpit statt: Als nebenan im Hafen der dänischen Insel Nyord eine offensichtlich frisch refittete hübsche Fahrtenyacht festmacht, ergibt sich beim Smalltalk die Frage, welches Boot das Eigner-Paar Steffi und Jan mit so viel Liebe und Aufwand hergerichtet hatte. „Eine Sirius 31“, lautet ihre Antwort. Das überrascht, denn heute ist die Werft aus Plön der Inbegriff hochwertiger Deckssalonyachten. Einen so klassischen Riss mit konventionellem Aufbau haben bei dem Namen wohl die wenigsten vor Augen. Erst in den Neunzigern spezialisierte sich Sirius ausschließlich in diese Richtung.

Die Sirius 31 könnte man dagegen glatt mit einem erstklassigen skandinavischen Design verwechseln: feste Scheibe, schöne Holz-Details im co*ckpit, Teakdeck.

„Danach hatten wir auch am Anfang geschaut“, schmunzelt Jan. „Wir hatten solche Schiffe mehrfach gechartert.“ Doch die nordischen Klassiker waren teuer, und im Corona-Jahr 2020 gingen die Gebrauchtbootpreise geradezu durch die Decke. „Wir haben damals kein Boot unter 75.000 Euro gefunden“, erzählen Jan und Steffi. Dann stolperten die beiden über die ihnen noch unbekannte Sirius 31. „Die Linien gefielen uns auf Anhieb!“

Die Sirius 31 bekommt einen Buckel

Die Linien der Sirius 31 stammen aus dem Jahr 1975 vom Deutschen Heribert Streuer, der auch für Biga und Phantom zeichnete. Und, wie Sirius-Werftchef Torsten Schmidt später erzählt, sie war ihm eine Herzensangelegenheit: „Streuer hatte das Boot gegen Ende seiner Laufbahn als sein persönliches Traumschiff entworfen, kam zu meinem Vater und fragte, ob wir es für ihn bauen und ins Programm der Werft aufnehmen wollten.“ Das Boot hat vor dem ausgeprägten Skeg eine Art Buckel in den Unterwasser-Linien, eine Anleihe des Konstrukteurs bei Walen, die für guten Strömungsabriss sorgen sollte. „Um den hat mein Vater mit Streuer diskutiert, ob der nötig sei, doch da stampfte er mit dem Fuß auf und sagte: ‚Mit oder gar nicht!‘“

Verlagssonderveröffentlichung

Man wurde sich einig, und so entstanden die ersten drei Schiffe – mit Buckel. Dann kam der Ölpreisschock 1979, und erst ab Anfang der achtziger Jahre wurde weiter gefertigt bis 1991. Dann wurde der Riss um eine Deckssalon-Version erweitert, die sich durchsetzte. Rund 170 Boote wurden in der Rumpfform gebaut, 70 davon in der Ursprungs-Variante.

Beim Besichtigungstermin ist das Paar angetan. Und bald ist klar: „Mit den geforderten 47.000 Euro für das 34 Jahre alte Schiff bleibt noch genug Budget, um mögliche Schwachstellen auszumerzen.“

Die beiden kaufen das Boot und beginnen einen umfangreichen Refit, um alles technisch und optisch auf Stand zu bringen und ihren Bedürfnissen anzupassen.

Es fließt viel Arbeit in die Sirius 31

Denn ihre Ansprüche sind hoch: Alle Holzteile werden geschliffen und lackiert, sie investieren in Segel, eine elektrische Ankerwinsch, LED-Innenbeleuchtung, frisches stehendes und laufendes Gut, neue Ruderlager. Das Unterwasserschiff ist bereits einmal abgezogen und mit Epoxid versiegelt worden, Osmose war so kein Thema, die Sirius gilt auch nicht als anfällig dafür.

Dann kommen die ersten größeren Überraschungen: Das Teakdeck, als unproblematisch eingestuft, da schon einmal erneuert von den Voreignern, ist undicht.

„Es lief bei Regen Wasser am Hauptschott runter, und wir konnten das Problem zunächst nicht finden“, berichtet Jan. Erst ein zu Hilfe gezogener Bootsbauer löst das Rätsel: Der Vorbesitzer hatte ein neues Teakdeck einfach auf das alte verlegt – und dabei zwei neue Lüfter eingebaut. Die gingen durch das stellenweise mit Balsakern gefertigte Deck und waren nicht gut abgedichtet. Die Folge: Rott im Balsakern und ein sich stellenweise lösendes Teakdeck. Das Paar entscheidet sich für ein komplett neues Deck, ein Bootsbauer öffnet das Laminat an den weichen Stellen, entfernt das rotte Balsaholz, verklebt einen neuen Schaumkern und laminiert alles wieder zu.

Insgesamt ist die Sirius 31 solide

Damit sind die beiden dann doch in der Preisregion angelangt, die sie sich zuvor als Maximum gesetzt hatten. Bereuen die Entscheidung nach einem Jahr Segeln mit der Sirius aber keineswegs: „Das Boot entspricht genau unseren Anforderungen, es ist ein solides, sicheres und obendrein schönes Schiff, das genau zu uns passt“, sagt Steffi.

Der Vorteil beim Test eines Gebrauchtbootes, dessen Werft noch existiert: Man kann nachfragen. Ist der Balsakern häufiger ein Problem, wollen wir von Sirius-Geschäftsführer Torsten Schmidt wissen. „Ab Werft haben wir an den Punkten von Decksdurchbrüchen extra kein Sandwich verbaut, damit genau solche Undichtigkeiten nicht entstehen.“ Tatsächlich hat der Voreigner wohl an einer extrem unglücklichen Stelle unsachgemäß nachgerüstet.

Unter Segeln ein Kind ihrer Zeit

Während des Probeschlags mit „Roisin“ auf der Flensburger Förde weht leider nur ein laues Lüftchen. Das durchgelattete Groß gesetzt, die für die Zeit übliche überlappende Genua ebenfalls. Bei dem flauen Wind dümpeln wir um die drei bis vier Knoten, also Raum nach Lee gesucht und den brandneuen Roll-Gennaker am Topp-Rigg gesetzt. Jetzt kommt Leben ins Schiff, und mit ein paar Böen legt sich die Sirius31 dann sanft auf die Seite und zieht los. Kurz steht mal eine 6,3 auf der Logge, dann geht dem Wind die Puste aus. Fühlt sich wie ein typisches Fahrtenboot an, die Segeltragezahl von knapp 4,3 passt auch ziemlich genau dazu, stuft die Sirius 31 als vergleichsweise schweres Fahrtenschiff ein.

Steffi und Jan und sind vollkommen zufrieden mit den Segelleistungen. „Die Sirius braucht 3 Beaufort, um ins Laufen zu kommen, aber dafür segelt sie bei mehr auch sehr, sehr gut und stabil, geht angenehm durch die Welle.“ Ins Auge stechen lediglich die co*ckpitduchten: Dort verraten nachträglich eingesetzte Teakleisten, dass da einmal ein Traveller montiert war, an Bord der „Roisin“ ist die Großschot aber nun nur zentral am co*ckpitboden an einem Niro-Bügel angeschlagen. Der Voreigner zog das besser begehbare co*ckpit dem Trimm vor. Die meisten Boote auf dem Markt dürften aber über das Trimminstrument verfügen.

Das zeichnet die Sirius 31 an Deck aus

Damit belassen wir es und segeln zurück in den Hafen. Eine Runde übers Deck. Die Sirius steht wirklich picobello da und ist spürbar ein Kind der Siebziger/Achtziger: stärker überhängender Bug, in den clever unter Decksniveau der Anker durch eine Öffnung gefahren wird. Die nachgerüstete Winsch konnte dadurch noch im sehr geräumigen Ankerkasten platziert werden. Dazu passt, dass der Voreigner einen weit nach vorn reichenden Bugspriet mit Teakleisten und neu angefertigtem Bugkorb ausgestattet hat, so kann man über einen unverbauten Durchgang auf den Steg steigen.

Ins Auge sticht achtern eine nachträglich angesetzte Heckverlängerung. Dazu sagt Torsten Schmidt: „Ein Eigner wollte die unbedingt haben, und so haben wir die als Nachrüst-Kit angeboten. Sie hat nicht nur die Badeleiter samt Stufe integriert, sondern sorgte auch für einen leiseren Motorlauf und besseren Strömungsabriss unter Motor.“ Die Vorteile machten die Runde, und so sieht man heute eine ganze Reihe der Boote mit Verlängerung, welche die Werft noch immer anbietet.

Das co*ckpit tief und gut geschützt, mit Holz-Applikationen auf den Duchten und Holzbrett auf dem Schiebeluk als praktischer Geräteträger für die Displays der Ins­trumente. Hübsche feste Türen statt unter Deck herumfliegende Steckschotten. Leinenverstellbare Genuatraveller, Schwalbennester, Schutz hinter der festen Scheibe – wirklich alles, was das Fahrtensegler-Herz begehrt, wird bedient.

Unter Deck ist die Sirius 31 klassisch

Unter Deck überall schön verarbeitetes Holz, mit klassischer Salon-Anordnung um den großen Tisch. Viel Licht durch lange Plexiglas-Scheiben, die bei späteren Baujahren von der Werft durch drei ovale Alurahmen-Fenster ersetzt wurden. „Tatsächlich waren die Scheiben geschraubt und leider undicht“, erzählt das Eigner-Paar. Solche Dichtigkeitsprobleme kann man bei der Sirius aber ganz gut ausfindig machen, denn es wurde keine Innenschale verbaut, die beginnende Probleme lange verbirgt, alles ist gut zugänglich.

Die beiden entschieden sich für neue Fenster, das Plexiglas wurde aber dem neuerem Stand der Technik entsprechend nur noch verklebt, die alten Löcher verschlossen. An den Wänden finden sich hochwertige Wegerungen in dunklem Teak. Das ist gediegen, machte es aber düster unter Deck. Die nachträglich von Jan weiß lasierte Holzverkleidung im Salon ist da ein schöner Kontrast und lässt den Raum heller wirken.

Auch unter Deck finden sich weitere, teils baujahrtypische Details. Etwa das ausziehbare Waschbecken in der Nasszelle, das sehr schön groß und eigentlich sehr praktisch ist, da es den kleinen Raum vor der Vorschiffskoje optimal nutzt. Auffällig viel Stauraum, auffällig gut im Holzbau. Für die heutzutage meist nur noch seltene Arbeit mit der Papierkarte passt der über der riesigen Hundekoje an Steuerbord ausziehbare Navitisch eigentlich sehr gut. Es wird im Stehen gearbeitet, abends im Hafen verschwindet er unter der co*ckpitducht. Den Kühlschrank haben die beiden als Schubladen-Lösung unter den Salonsitzen untergebracht.

Die Sirius 31 ist zur Herzensangelegenheit geworden

Auch hier im Innern des Schiffs zeigt sich, dass der Voreigner gern bastelte: Das weit in den Salon ragende Halbschott des Navi-Platzes hat er gekürzt, um besser zum Salon-Sitzplatz zu gelangen. Eine weitere Spur davon unter der Niedergangstreppe, die verschoben werden kann, um an den Motor, einen Volvo 2002 mit Zweikreiskühlung, zu kommen: Dort liegt die Abschlussschraube des Kielschwert-Mechanismus. Die Sirius 31 gab es nämlich in drei Tiefgangsvarianten: mit Festkiel in den Tiefgängen 1,65 oder 1,35 Meter sowie mit einem Ballastschwert, das 0,9 bis 2,1 Meter tief geht. Die meisten Boote haben einen Bleikiel, nur kurz zu Beginn wurden Gusskiele verbaut, die aber löblicherweise schon damals mit Epoxid beschichtet waren. Doch der flexible Tiefgang der „Roisin“ wurde ausgefahren bei etwa 1,6 Metern festgesetzt. Probleme gab es damit bislang nicht.

Für die beiden damals jedenfalls kein Grund, das Schiff nicht zu kaufen, ein bisschen geht es ihnen da wohl wie einst dessen Designer: Es ist eine Herzensangelegenheit geworden.

Gebrauchtboot-Test: Sirius 31 – des Designers letzter Traum (7)Foto: YACHTMan merkt dem Boot seine Herkunft aus einer kleinen, aber feinen Werft an. Es gibt viele hochwertige und clevere Lösungen

Technische Daten Sirius 31

  • Rumpflänge 9,30 m
  • Wasserlinienlänge 8,10 m
  • Breite 3,10 m
  • Tiefgangvers. 1,6 m/1,3 m/2,1–0,9 m
  • Rigg Topptakelung
  • Masthöhe 13,0 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk. 6,9 kn
  • Gewicht 4,5 t
  • Ballast/-anteil 2,15 t/48 %
  • Großsegel 21,5 m²
  • Genua I 29,9 m²
  • Gennaker/Spi 70,0 m²
  • Maschine (Volvo P. 2002) 18 PS
  • Kraftstofftank 50 l
  • Frischwassertanks 120 l

Modellhistorie und Bauweise

Der Rumpf ist ein Massivlaminat im Handauflegeverfahren, das Deck teils mit Balsa-Kern, aber nicht an den wichtigen Durchbrüchen für Rigg, Beschläge etc. Das Schiff wurde später mit gleichem Rumpf auch als Deckssalonmodell hergestellt

Marktsituation

Die 31er wurde nur etwa 70-mal gebaut, das Angebot ist überschaubar und stark auf Deutschland fokussiert. Das Boot ist recht preisstabil

Darauf achten

Zustand Teakdeck, Leckagen durch nachträgliche Decks-Durchbrüche der Voreigner (Balsa-Kern), Motor-Zustand und Alter, Kielschwert-Funktion. Für Osmose sind die Boote laut Gutachter nicht bekannt

Ausstattung und Preise

Standardpreis 1988 120.000 DM

Gebrauchtpreis ca. 33.000 bis 50.000 Euro

YACHT-Bewertung

Sehr solides, stimmiges Fahrtenschiff mit vielen Stärken und kaum Schwächen. Da die Werft noch existiert, ist die Teileversorgung gewährleistet und Reparaturen möglich

Konstruktion und Konzept

  • + Keine GFK-Innenschale
  • + Tiefes, geschütztes co*ckpit
  • + Sehr solide Bauqualität
  • + Heckverlängerung mit Badeplattform noch erhältlich

Segelleistung und Trimm

  • + Sehr kursstabil dank Skeg
  • + Gute Beschläge, alle Leinen ins co*ckpit umgelenkt
  • - Etwas schwerfälliges Ruder

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Gut durchdachtes Layout
  • + Hochwertiger Holzausbau
  • - Alte geschraubte Fenster können lecken
  • - Wegerungen etwas dunkel

Ausrüstung und Technik

  • + Bleikiel
  • + Teakdeck schwimmend verlegt
  • + Kein Sandwich an Decksdurchbrüchen
  • - Sehr oft mit Teakdeck verkauft, das kritisch auf Zustand prüfen

Dieser Test erschien in YACHT 22/2023

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